Unter diesem Motto starteten am 03.07.2017 24 Mitglieder bzw. deren Begleitpersonen der Kreisorganisation Großenhain, des Blinden-und-Sehbehindertenverbandes Sachsen e. V., zu ihrem jährlichen Ausflug nach Rochsburg. Die Rekord-Teilnehmerzahl, die beiden Kleinbusse der Villa und der ausgeborgte Mercedes-Bus des Seniorenheims waren bis auf den letzten Platz besetzt, stellten die Organisatoren schon im Vorfeld vor ein Problem. Die Villa hat nur 10 Zimmer und es hatten sich 6 Einzelpersonen und 9 Paare angemeldet. Nur durch das Verständnis und Einsehen der Teilnehmer war es möglich, das Problem schnell zu lösen. Es trennten sich zwei Paare, natürlich nur für die drei Nächte. So musste nur die gegenüberliegende Ferienwohnung bei Müllers angemietet werden. Dort schliefen vier Frauen und drei Männer bildeten in der Villa eine WG.
Alle waren gesund, alle waren an den vorgesehenen Abfahrtsorten pünktlich, es gab keinen Stau auf der Autobahn, so erreichten wir nach einem Stopp in Arnsdorf, dort nahmen wir unser Mittagessen ein, gegen 14:00 Uhr die Villa. Zwei Teilnehmer waren besonders gespannt, denn sie waren bis zu diesem Zeitpunkt noch nie in Rochsburg. Die Zimmer waren schnell verteilt, die Koffer und Taschen rasch ausgepackt, so konnten wir uns zu Fuß, die schlecht laufen konnten wurden mit dem Kleinbus gefahren, zu unserem ersten Programmpunkt aufmachen. Es war die Schokoladenmanufaktur Choco Del Sol auf der Rochsburg.
In einem interessanten Vortrag erfuhren wir sehr viel über die Zutaten und die Herstellung der handgefertigten Schokolade. Qualitativ hochwertige Schokolade kann nur aus Premium-Kakaobohnen, angebaut und fermentiert von einheimischen Bauern, entstehen. Um den besonderen Geschmack zu erzielen, verarbeitet die Schokoladenmanufaktur Choco Del Sol deshalb ausschließlich Kakaobohnen reinster Qualität aus biologischem Anbau. Die Schokoladen bestehen aus nur zwei Zutaten: Bio-Kakaobohnen aus Belize sowie einem Bio-Rohrohrzucker aus Paraguay. Wir durften von der rohen über die geröstete Kakaobohne bis zur fertigen Schokolade und einen Kakaotee alles kosten. Im Anschluss wurde reichlich eingekauft. Der Abend klang in einem gemütlichen Beisammensein bzw. mit Spaziergängen durch den Ort aus.
Am Dienstag standen Tiere im Mittelpunkt, hierfür war ein Besuch im Zoo Leipzig geplant. Diesen zu erreichen, war für einige der Urlauber bereits ein Höhepunkt, denn wir fuhren mit den Kleinbussen nur bis Geithein und dann mit der S-Bahn, Linie 3, zum Hauptbahnhof nach Leipzig, sie sind seit Jahren nicht mehr mit dem Zug gefahren und kannten die neuen modernen Züge nicht. Da wir auf dem Bahnsteig tief unten ankamen, mussten wir zunächst mit dem Fahrstuhl bzw. der Rolltreppe nach oben. Dabei staunten fast alle, wie sich der Leipziger Hauptbahnhof verändert hat. Zum Zoo kamen wir dann zu Fuß bzw. mit der Straßenbahn. Dort stärkten wir uns zunächst für die geplante Führung.
Hinter dem Zoo Leipzig steht ein einmaliges Konzept: artgerechte Tierhaltung, Artenschutz, Bildung und spannende Entdeckertouren werden vereint. Der Tiergarten beherbergt etwa 850 Tierarten und Unterarten und gehört zu den renommiertesten und modernsten Zoos der Welt. Die Gehege sind nach aktuellen Erkenntnissen der artgerechten Tierhaltung gestaltet. Dabei sind die Lebensräume der Tiere ihrer natürlichen Heimat nachempfunden. Statt Beton, Stahl und Fliesen prägen heute weitläufige Savannen, schützende Baumbestände und großzügige Wasserläufe das Zoogelände. Das Ziel ist es, mit dem Abschluss der Modernisierung in einigen Jahren einen weitestgehend gitterlosen, naturnahen ‚Zoo der Zukunft’ gestaltet zu haben.
Unsere Gruppe wurde zunächst in zwei Einheiten geteilt. Besonders schön war, dass für uns Türen und Tore geöffnet wurden, die man bei einem „normalen“ Zoobesuch nicht durchschreiten kann. Dies war für uns insofern günstig, da wir aus dem großen Getümmel herauskamen. So konnten wir auch näher an die Tiere heran und durften die Fernsehstars aus „Elefant, Tiger und Co.“, Horst und Harry sowie einige Schildkröten, streicheln und füttern. Die Führerinnen hatten auch Fellstücke und zähne mit, somit bekamen wir einen besseren Eindruck und ein besseres Gefühl von den Tieren. Diese Führung konnte nur einen kleinen Eindruck vom riesigen Zoo vermitteln.
Nach der Rückkehr waren die meisten sehr geschafft, denn der Tag war für sie durch die vielen neuen Eindrücke doch sehr anstrengend, so dass nach dem Abendbrot nur noch wenige zusammensaßen und über die Erlebnisse des Tages plauderten. Auch die Spaziergänge zum Beispiel ein Besuch auf der Hängebrücke an der Mulde fiel an diesem Abend aus.
Alte Gemäuer und wiederum Tiere, dieses Mal Vögel, waren das Motto des Mittwochs. Zunächst fuhren wir mit den Kleinbussen bis Erdmannsdorf. Dort trennte sich die Reisegesellschaft. Nur ein Bus fuhr direkt bis zur Augustusburg nach oben. Der Andere Teil fuhr mit der Drahtseilbahn nach oben und musste dann noch einen steilen beschwerlichen Weg zu Fuß zurücklegen.
Die Drahtseilbahn Augustusburg ist eine Standseilbahn und verbindet seit über 100 Jahren den Ortsteil Erdmannsdorf und den Bahnhof Erdmannsdorf-Augustusburg mit der Stadt Augustusburg und dem Schloss Augustusburg. Die Fahrt mit der Drahtseilbahn ist ein besonderes Erlebnis. In acht Minuten Fahrt geht es gleichzeitig an einem Seil gezogen bergauf und bergab. Eröffnet wurde die Drahtseilbahn Augustusburg am 24. Juni 1911.
Die Krone des Erzgebirges wird sie auch genannt. Die imposante und kilometerweit sichtbare Augustusburg auf dem Schellenberg ist ein kulturelles und bauliches Prunkstück mit jeder Menge Highlights. Es war Kurfürst August, der mit dem Neubau seines Schlosses nicht nur ein repräsentatives Domizil für seine Jagdausflüge schaffen wollte, sondern mit dem Bau eines Jagdschlosses auch seine führende Stellung in der Region untermauern wollte. Also beauftragte dieser anno 1567 Hieronymus Lotter, die schon existierenden Baupläne auf dem Schellenberg in die Tat umzusetzen, sobald die dortige Burg Schellenberg komplett abgetragen war. Im ersten Baujahr 1568 entstand das Sommerhaus mit vollständig gedecktem Dach. Die drei restlichen Eckhäuser
Hasen-, Linden- und Küchenhaus und die Schlosskapelle wurden im Folgejahr errichtet. Die festliche Einweihung der Schloss Augustusburg fand am 30. Januar 1572 statt. Die äußere Gestalt der Augustusburg änderte sich im Laufe der Zeit, insbesondere bei den Dächern wesentlich. Anfangs enthielt der Dachkomplex noch viele Schornsteine und eine Balustrade, auf der man das Schlossdach vollständig umrunden konnte. Auch besaß das Schloss noch einen dritten Wirtschaftsflügel, der heute nicht mehr existiert und den südlichen Abschluss des Schlosses bildete.
Unsere Führung begann auf dem Schlosshof, wo wir die oben geschriebenen Daten zur Geschichte des Schlosses erfuhren. Im Anschluss ging es in die Schlosskirche. Lukas Cranach der Jüngere malte das Altargemälde der beeindruckenden Kirche. Der berühmte Künstler der damaligen Zeit stellt hier den Kurfürsten August und seine Familie mit all seinen 14 Kindern dar. Die Kirche des Schloss Augustusburg ist heute die größte protestantische Schlosskirche Sachsens.
Weiter ging es in das Brunnenhaus. Es war eine beschwerliche Arbeit den 136m tiefen Brunnen in den Fels zu treiben. Da der Schellenberg vulkanischen Ursprungs ist, ist dieser naturgemäß aus sehr hartem Gestein. Mit einfachsten Mitteln dauerte es ganze 7 Jahre, bis man den Brunnen fertiggestellt hatte. Tagtäglich wurden nur 3-4 cm des Gesteins abgetragen. Zum Einsatz kamen hier Wilddiebe die Tag für Tag als Bestrafung den Brunnen ausgraben mussten und – abgesehen vom sonntäglichen Gottesdienst – die Grabungsstätte nicht verließen. Nach der Fertigstellung des Brunnens baute man das Brunnenhaus mit der Hebevorrichtung, an die zwei Ochsen gespannt wurden, die das wohlschmeckende, mineralhaltige Wasser zu Tage förderten. Und das nicht zu wenig. Ganze 12000 Liter wurden Tag für Tag benötigt, um die Pferde in den Stallungen mit Wasser zu versorgen, die Küche genügend Wasser zum Kochen bereitzustellen und die Bäder im Fürstenhaus mit Wasser zu versorgen. Heute kann man einen Blick in den Brunnen werfen und erhält während der Führung, die ein oder andere lustige Begebenheit erzählt und erfährt, was es mit dem Säbel am Querbalken oberhalb des Brunnens auf sich hat.
Wir durften den Brunnen, die Behälter und das Gestänge abtasten, mit dem das Wasser nach oben geholt wurde. Somit bekamen wir auch einen Eindruck von der Größe der Vorrichtung. Unsere Führerin schüttete Wasser in den Brunnen. Es dauerte ganze sieben Sekunden bis es unten ankam. Die Zeit kam uns ewig vor. Von uns wollte keiner hinabsteigen oder beim Brunnenbau dabei gewesen sein.
Die Schlossführung endete im Kutschenmuseum. Als Besucher des Museums erhält man einen recht guten Eindruck in die Fortbewegungsmöglichkeiten vor Erfindung des Autos oder der Eisenbahn. Herrschaftliche Wagen und Kutschen bürgerlicher und ländlicher Herkunft werden im ehemaligen Pferdestall des Schlosses präsentiert. Highlight sind die Kutschen des ehemaligen Marstalls zu Dresden. Diese durften wir ausnahmsweise ebenfalls abtasten. Dazu wurden die Absperrungen entfernt.
Nun wurde es wieder tierisch. Täglich 11:00 und 15:00 Uhr findet an der Linde eine äußerst sehenswerte Greifvogelschau statt. Weißkopfseeadler, Falken und andere Greifvögel umkreisen die Burg und vollführen tollkühne Sturzflüge über den Köpfen der Zuschauer und landen zielsicher auf den Armen des Falkners um dort ihr Mahl in Empfang zu nehmen. Da die Vögel teilweise Schellen am Körper haben, konnte man auch akustisch ihre Flugbahn verfolgen. Man spürte auch den Luftzug, wenn ein Vogel flach über die Köpfe der Besucher flog. Das Gefieder eines herumgetragenen Uhus durfte ebenfalls gestreichelt werden. Es fühlte sich weich und glatt an.
Wie jedes Jahr, war der letzte Abend ein Grillabend. Roster, Steaks, Grillkäse, Toastbrot und Kartoffelsalat, es fehlte an nichts. Zum Abschluss gab es natürlich einen Verdauer auf Kosten des Hauses. Die Sache rundete eine Süßspeise oder ein Eis ab. Es wurden Anekdoten von Reisen früherer Jahre oder von längst vergangenen Veranstaltungen erzählt. Einige waren aber auch schon traurig, denn am Donnerstag sollte es zurück nach Hause gehen.
Die Koffer waren gepackt, die Rechnungen bezahlt, so ging es pünktlich 10:00 Uhr mit den Bussen in die Heimatorte. Hierbei wurde darauf geachtet, dass der Weg vom Aussteigen aus dem Bus zur Wohnung möglichst kurz war.
Ein dank geht an dieser Stelle an das gesamte Team der Villa Rochsburg für die rundum gelungenen Tage. Auch ein Blinder oder Sehbehinderter, der keine Begleitperson hat, kann getrost in die Villa fahren. Er bekommt dort Unterstützung und Hilfe nach seinem Wunsch. Mein Bericht soll auch Anregung für andere Kreisorganisationen oder Betreuungsgruppen des Landesverbandes Sachsen oder darüber hinaus sein, eine solche Reise für ihre Mitglieder zu planen. Die Villa lebt von ihren Gästen, das Personal arbeitet für seine Gäste.