Bericht zur Woche des Sehens vom 8. bis 15. Oktober 2022

Organisation: Blinden- und Sehbehindertenverband Sachsen e.V./ KO Vogtland – Frau Oltersdorf und Beauftragte für Menschen mit Behinderung im Vogtlandkreis – Frau Nauruhn

10. Oktober 2022 Landratsamt Vogtlandkreis
Vortrag „Richtlinien zur sicheren Orientierung und Mobilität durch Informations- und Leitsysteme im öffentlichen Raum“ – Herr André Brendle

Die Veranstaltung richtete sich an interessierte Bürger und Betroffene, insbesondere aber auch an Fachkräfte im Bau- und Planungswesen. Der Referent, Herr André Brendle, Fachgruppenleiter der Fachgruppe Umwelt, Verkehr und Tourismus im BSVS. Er ist selbst hochgradig sehbehindert und im Alltag auf seinen Blindenlangstock angewiesen.

Nach einer kurzen Erläuterung zu seiner Person sowie beruflichen und ehrenamtlichen Tätigkeit stieg Herr Brendle in seinen Fachvortrag ein. Zunächst erklärte er im Allgemeinen die Notwendigkeit von Informations- und Leitsystemen im öffentlichen Raum und veranschaulichte den Bedarf anhand eigener Erfahrungen als Betroffener. Neben der Benennung und Erläuterung der entsprechenden DIN-Normen, die bei der Planung und beim Bau im öffentlichen Raum zur Anwendung kommen müssen, erklärte Herr Brendle konkret an Beispielen, weshalb Barrierefreiheit so wichtig ist und welche Schwierigkeiten und Gefahren bei Nichteinhaltung für die betroffenen Nutzer der Leitsysteme entstehen können.

Anhand der Modelle von Haltestellen und Straßenkreuzungen demonstrierte Herr Brendle sehr anschaulich die korrekte Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben. Des Weiteren zeigte er Möglichkeiten von Informations- und Leitsystemen in Gebäuden anhand verschiedener Beschilderungen mit Punktschrift und erhabener Profilschrift sowie Modelle von Bodenindikatoren.

Zwischendurch wurden viele Fragen der Zuhörer beantwortet und die Veranstaltung endete nach ca. zwei Stunden in einem lockeren Austausch zwischen dem Referenten und den ca. 20 Teilnehmern.

11. Oktober 2022 Plauener Straßenbahn GmbH
„Blindheit erleben“ bei einer Stadtrundfahrt mit Buchlesung in einer abgedunkelten Bahn

Zwei Tage lang waren Mitarbeiter der Plauener Straßenbahn GmbH beschäftigt, komplett alle Fenster einer Straßenbahn mit dickem schwarzem Stoff zu bekleben, um somit die völlige Dunkelheit in der Bahn zu schaffen. Dementsprechend groß war das Interesse von Bürgern, bei diesem Erlebnis dabei zu sein.

Etwa 50 Fahrgäste folgten dem Aufruf „Blindheit erleben“, darunter auch viele Jugendliche. Während der gesamten Fahrt nicht zu wissen, wo man sich gerade befindet, war für einige ein beklemmendes Gefühl. Als Unterhaltungsprogramm las Frau Sieglinde Röhn während der Rundfahrt mithilfe einer Taschenlampe mundartliches aus dem Vogtland vor.

Anschließend war Herr André Brendle an der Reihe. Er benötigte zum Vorlesen keine Lichtquelle, denn er ist selbst Nichtsehend und las aus einem Blindenschriftbuch vor. Im Anschluss erzählte er den interessierten Bürgern viel Wissenswertes über die Blindenschrift und von seiner Schulzeit in der Blindenschule. Auch einige Hilfsmittel hatte Herr Brendle zum Ausprobieren dabei. Die Fahrgäste waren von seinen Ausführungen sehr beeindruckt und stellten im Anschluss noch viele Fragen.

Die einstündige Stadtrundfahrt war ein kurzweiliges und intensives Erlebnis für alle Beteiligten.

12. Oktober 2022 Filmtheater Capitol Plauen „Wieder mal ins Kino!!! Mit Arztvortrag“

Die Öffentlichkeit wurde eingeladen zum Erleben eines Kinofilmes mit Audiodeskription.

Etwa 20 Kinobesucher mit und ohne Sehbehinderung fanden sich zu dem bekannten Kinofilm ZIEMLICH BESTE FREUNDE im barrierefreien Kinosaal des Filmtheaters Capitol in Plauen ein. Die sehenden Kinobesucher wurden im Vorfeld gebeten, während des Filmes für einen Moment die Augen zu schließen, um zu erleben, wie blinde und sehbehinderte Menschen einen Film wahrnehmen.

Die Notwendigkeit der akustischen Bildbeschreibung sollte mit dieser Veranstaltung verdeutlicht und insgesamt über Audiodeskription informiert werden. Für einige sehbehinderte Kinobesucher war es das erste Hörfilmerlebnis. Aufgrund der Bildbeschreibung konnten sie die visuellen Vorgänge besser wahrnehmen und somit den Filminhalt vollumfänglich erfassen. Die Resonanz war durchweg positiv und es konnte ein fröhliches und unterhaltsames, für alle zugängliches Kinoerlebnis geschaffen werden.

Im Anschluss des Kinofilmes referierte der Chefarzt der Augenklinik Plauen, Herr. Dr. Dirk Ehrich, zum Thema „Vorbeugung von Augenerkrankungen – was ist gut für mein Auge und was nicht?“ Der einstündige Vortrag stieß auf großes Interesse und für Fragen nahm sich Herr Dr. Ehrich nach seinen Ausführungen viel Zeit.

15. Oktober 2022 Internationaler Tag des weißen Stockes „Ich wandre ja so gerne…“

Entlang der Flusslandschaft der Weißen Elster führte der diesjährige westvogtländische Wandertag. Wie jedes Jahr wurden drei Strecken vom Veranstalter (Fremdenverkehrsverein Rosenbach e.V.) angeboten: Eine lange Tour über 20 Kilometer, eine Strecke über zehn Kilometer und eine geführte Minitour über drei Kilometer, die für Rollstuhlfahrer und Kinderwagen gut geeignet war.

Die „kleine“ Wanderung startete 11.00 Uhr ab dem Wanderparkplatz in Kürbitz an der Elsterbrücke und führte über den Elsterradweg nach Weischlitz. Mit der Teilnahme blinder und sehbehinderter Menschen bei der Minitour fand die Woche des Sehens mit dem Internationalen Tag des weißen Stockes ihren Abschluss. Die Arbeit des Blindenführhundes „Lenz“ wurde vorgestellt, Simulationsbrillen und der Blindenlangstock konnten von interessierten Wanderteilnehmern ausprobiert werden. Die Versorgung mit Tee und Fettbroten war bei dem nassen Wetter ein gelungener Motivationsschub auf halber Strecke. Am Zielpunkt „Am Alten Gut“ in Weischlitz angekommen, strahlte später die Sonne vom Himmel und es folgte am Nachmittag ein geselliger Abschluss mit Musik, leckerem vom Grill, Kaffee und Kuchen.

Mehr als 300 Wanderer, verteilt auf die drei Strecken, starteten an diesem Tag. Das Angebot der Selbsterfahrung mit Simulationsbrille wurde genutzt und einige Menschen lauschten auch einfach nur den Gesprächen zwischen Betroffenen und interessierten Teilnehmern.

Eine erfolgreiche Woche des Sehens 2022 und alle Mitwirkenden freuten sich über eine gelungene Veranstaltungswoche.

Katja Oltersdorf
Beratungsstellenleiterin KO Vogtland

Westsächsische Blindenselbsthilfe feiert 120-jähriges Jubiläum

Die Richtigkeit eines Zusammenschlusses von blinden Menschen erkannten die Gründer des Westsächsischen Blindenvereines.

Es ist notwendig, die Belange der Menschen mit Sehbeeinträchtigung Behörden, Instituten und der Öffentlichkeit nahezubringen. Nur gemeinsam kann man etwas erreichen. Das war früher so und heute ist das noch genauso wichtig.

Wir müssen unsere Interessen vor Ort, landes- und bundesweit vertreten. In Sachsen kämpfen wir jährlich um die Anpassung der Nachteilsausgleiche. Wir beraten gern im Landkreis und interessierte Unternehmen und Mitbürger über die Belange von Sehbehinderten und Blinden. .

Am 19. November 1902 wurde der Westsächsische Blindenverein in Crimmitschau gegründet. Es war ein regional agierender Verein, kein Ortsverein.

Es gehörten die Ortschaften Crimmitschau, Werdau, Mylau, Netzschkau, Reichenbach, Meerane, Glauchau, Lichtenstein, Lößnitz, Waldenburg, Callenberg, Hohenstein-Ernstthal und Zwickau an. Aus heutiger Sicht der Landkreis Zwickau bis auf wenige weitere Ortschaften.

Der Vorsitzende am 19.11.1902 war der Korbmacher und Händler Karl Seidel, Reichenbacher Str. 3 in Werdau.

Geschäftsführer war der Bürgerschullehrer Nestler aus Crimmitschau, wo auch der Sitz des Vereins war.

Es wurden fünf Veranstaltungen im Jahr durchgeführt. Durch den gemischten Chor und der Rezitatoren-Gruppe war die Präsenz in der Öffentlichkeit gegeben, da sie anscheinend gern gebucht wurden.

Der Verein war in der Lage einen Hilfsfonds zu unterhalten, der Zuwendungen an sozial Schwächste ermöglichte.

Der Westsächsische Blindenverein war aktiv am Aufbau der Blindenselbsthilfe des Königreich-Sachsen beteiligt, bis hin zur Gründung des Blindenvereins am 3. März 1912 in Bautzen. Gründer waren die Vereine:

  • Verein der erwerbtreibenden Blinden von Leipzig und Umgebung
  • Leipziger Blindenvereinigung
  • Blindenverein für Dresden und Umgebung
  • Christlicher Dresdner Blindenverein „Trost im Leid“
  • Westsächsischer Blindenverein (Sitz Crimmitschau)

Im Juli 1912 wurde der Reichsdeutsche Blindenverband in Braunschweig gegründet, wo die Sachsen schon mit Delegierten vom Landesverein vertreten waren.

Durch die Gründung von Ortsblindenvereinen, 1908 Zwickau Verein der Blinden von Zwickau Umgebung, 1909 Plauen Verein der Blinden von Plauen und UmgebungWurde der Westsächsische Verein geschwächt. 1914 gab es dennoch noch 81 Mitglieder.

Die Interessen gegenüber den Verwaltungen in den Ortschaften wurden durch die Ortsvereine zielgerichteter wahrgenommen, um ihre Mitglieder zu vertreten.

Dies ist heute noch so und wir wünschen uns, dass der Gedanke und die Einsicht von damals, uns weiterhin neue Interessierte und Mitglieder erreichen lässt.

Eine interessante Ausfahrt in das Wald-und Holzerlebniszentrum Blockhausen

Unsere Regionalgruppe Aue-Schwarzenberg des BSVS lud am Sonntag, dem 4. September 2022 zu einer erlebnisreichen Ausfahrt in die fantasievolle Holzkunst der Kettensägenschnitzer ein.
Unser netter Fahrer Ewald von Jordan Reisen fuhr uns 17 Personen und ein Hund sicher und gemütlich mit seinem Mercedes Kleinbus von Aue mit Zustiegen in Lößnitz über Zwönitz, Wolkenstein nach Hilmersdorf. Dort war unsere Mittagsrast im Gasthof und Pension Hartmann. Alle ließen sich das leckere Essen sehr gut schmecken.

Gut gestärkt ging es dann Richtung Dorfchemnitz nach Blockhausen.
Nach der Ankunft gegen 15.00 Uhr und der Absprache des Treffpunktes zur Rückfahrt schwärmte jeder mit seiner Begleitperson zur Erkundung im riesigen Gelände aus. Zufällig fand an diesem Wochenende ein Wald & Holzfest statt und es begrüßten uns Kettensägenklänge und fröhliche Musik. Im Rahmen dieses Festes bekamen wir die Gelegenheit, den Holzkünstlern zuzusehen und sie bei ihrer lautstarken Arbeit zu hören.

Es war sehr beeindruckend, die Vielfalt der Figuren von Groß bis Klein zu betasten. Die kleinen mit Kettensägen herausgeschnittenen und bearbeiteten Figuren – z.B. Vögel oder Eichhörnchen – konnten wir gut mit unseren Händen als Ganzes begreifen. An vielen großen Märchen, mystischen Figuren oder originell gestalteten Bänken, egal, ob lackiert oder naturbelassen, war das Ertasten der Details möglich. In der Gruppe der Bergmannsfiguren gelang es wunderbar die Gesichter und verschiedene Bekleidung zu erkennen. Voll mit Eindrücken von dieser riesigen Sammlung von Holzkunst ging es gegen 17.30 Uhr wieder nach Hause.

Zum Schluss sprechen wir unseren herzlichen Dank der Ideengeberin Ines Klotz sowie den Organisatoren Kathrin und Andreas Rudolf und dem Reisebüro Jordan Reisen aus.

Jacqueline und Gudrun Kotsch, Schneeberg

Projekt Sehbehindertensonntag

Die Regionalgruppe Aue/Schwarzenberg hat gleich vier Gottesdienste geplant. Thema des Gottesdienstes: Sehe ich Grenzen oder Möglichkeiten? Unser Mitglied Sylvia Wagner predigte dazu über Mose am Dornbusch, der nur seine Grenzen sieht. Gott aber sieht die Möglichkeiten.

Am 12. Juni 2022 fand in Affalter ein Gottesdienst statt, der mit dem Gesprächskreis in Lößnitz vorbereitet wurde. Die Mitglieder brachten sich mit Anspielen und bei der Organisation großartig ein. Es beteiligten Menschen mit unterschiedlichen Einschränkungen und wir hatten sogar eine blinde Orgelspielerin. Mit ca. 50 Besuchern feierten wir unsere Gemeinschaft als Kinder Gottes.

Am 10. Juli 2022 feierten wir Familiengottesdienst der Spiegelwaldgemeinden in Beierfeld. Die Gemeinde hatte sich als einzige auf die Anfrage beim Kirchenkreis gemeldet. Wir feierten die Gemeinschaft von verschiedenen Begabungen, konnten vom Leben mit Blindheit berichten und erhielten viel positives Feedback. Unsere Mitglieder Janine Klotz und Sylvia Wagner beantworteten auch beim anschließenden Kirchenkaffee Fragen und zeigten die Blindenschrift. Dabei waren besonders die Kinder interessiert. Den Gottesdienst besuchten über 100 Personen. Wir danken allen, die musikalisch ausgestaltet haben und danken für die Kollekte.

Die Gemeinde erlebt die Sehbehinderung Grauer Star mit Simulationsbriellen.
Foto: M. Wagner

Sylvia Wagner
Regionalgruppe Aue/Schwarzenberg, Vorstand KO Erzgebirge

Sehbehindertensonntag – Schönheide

Ein besonderer Gottesdienst fand am 26.06.2022 in der Martin-Luther-Kirche Schönheide statt. Angeregt von der Aktion der großen Kirchen in Deutschland und dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) planten die Mitglieder der Regionalgruppe Aue-Schwarzenberg gemeinsam mit dem Kirchenvorstand diesen Gottesdienst. Ziel war, Kirche einmal mit anderen Augen zu sehen und Menschen für die Alltagsthemen Blinder und Sehbehinderter zu sensibilisieren.

Kirche mit dem Schriftzug "Des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit". Im Hintergrund blauer Himmel und Sonnenschein.
Foto: Mathhias Wagner

Hierzu gab es einen kurzen Erklärfilm und 4 kleine Anspiele, die mit einem Augenzwinkern Situationen des Alltages „vor Augen führten“, in denen Menschen mitunter gedankenlos reagieren. So zum Beispiel: Wie zeige ich einem Sehbehinderten einen Sitzplatz? Wie spreche ich Menschen an, die mich nicht erkennen können? Wie verhalte ich mich als Autofahrer, wenn ein offensichtlich Sehbehinderter am Fahrbahnrand steht? Wie und wann ist Hilfe angemessen oder einfach nur übergriffig? … So hätte man noch viele Alltagsbegebenheiten benennen können. Mit den schon in den Kirchenbänken verteilten Simulationsbrillen konnten sich die Gottesdienstbesucher einmal für eine kurze Zeit in die Lage eines Sehbehinderten versetzen.

Frau Wagner, selbst von einer fortschreitenden Augenerkrankung betroffen, gestaltete sehr eindrucksvoll den Predigtteil aus Moses Berufung, Exodus 4, 10-17, mit der Erkenntnis: Gott beruft nach anderen Kriterien als Menschen, sieht Dinge, die wir nicht für möglich halten, hilft, den Auftrag umzusetzen.

Nach dem Gottesdienst ergaben sich für den einen oder anderen noch weitere Fragen. Frau Wagner, Kathrin und Andreas Rudolf standen gern als Ansprechpartner zur Verfügung. Bei Bedarf kommen wir auch gern in die Christenlehre, Konfirmandenunterricht, Junge Gemeinde oder andere Kreise der Gemeinde.

Kirche mit gepflastertem Vorplatz, links und rechts davon stehen Bäume sowie Fachwerkhäuser.
Foto: Matthias Wagner

Ein fast gleicher Gottesdienst fand am 12.06.22 in der Ev.-Luth. Kirchgemeinde Lößnitz-Affalter statt. Das besondere war hier, dass Mitglieder aus dem Gesprächskreis für Behinderte die Anspiele gemeinsam aufführten. Die 18-jährige Annemarie, selbst auch blind, übernahm die gesamte musikalische Umrahmung des Gottesdienstes an Klavier und Orgel.

Am 26.06.22 begleiteten 2 Mitglieder aus der Regionalgruppe Annaberg einen Gottesdienst in der katholischen Kirche. Nach dem Gottesdienst stellten sich Frau Dolny und Herr Grunert im Rahmen eines Kirchenimbiß‘ den Fragen der Gemeindeglieder.

Weitere Gottesdienste dieser Art sind in unserem Kreis in Schwarzenberg am 28.08. und in Beierfeld am 10.07. geplant. Auch hier sind wieder Mitglieder der Regionalgruppe in die Ausgestaltung einbezogen.

Wir danken dem DBSV, der Aktion „Mensch“ und weiteren Förderern des Projektes. Damit war es möglich, kostenfreie Materialien zu nutzen.

Kathrin Rudolf
RG Aue-Schwarzenberg